28.6.07

eine DER Filmszenen

wer hierbei nicht weint...

27.6.07

so kitschig


kann der Himmel über Berlin sein

26.6.07

neulich im Kino













Am Montag war ich im Kino und habe einen wunderbaren Film gesehen - Ostrov von Pavel Lungin auf international the island. Durchdachte Dialoge, verblüffend, macht nachdenklich, lässt einen lachen und zeigt verschwenderisch Bilder einer schneebedeckten Landschaft mitten im Wasser.

Keine leichte Kost - deswegen schwer beeindruckt.
Hier die Musik.

25.6.07

Gratulation an Henryk M. Broder

Henryk M. Broder wurde mit dem Ludwig Börne Preis ausgezeichnet. Der Spiegel schreibt etwas dazu und ich gratuliere an dieser Stelle ganz herzlich.

Broder äussert einige deutliche Worte zu Salman Rushdie's Ritterschlag.

Und für alle, die vielleicht vergessen haben sollten wer Salman Rushdie ist.

Wir sollten

das mal lesen.

24.6.07

"Hochzeit auf emigrantisch"

wird in diesem Journal hier publiziert und für alle, die bis zum ZweitenSiebtenNullSieben nicht warten wollen oder die Zeitschrift nicht kaufen können, gibt es die Geschichte vorab und ganz exklusiv:

Hochzeit auf emigrantisch

Sie trafen sich bereits seit einem Jahr und bei ihrer ersten gemeinsamen Reise hat Isaac meiner kleinen, dicken, dunkelhaarigen Cousine Rosa im „Little-Odessa“ einem russischen Restaurant in Brooklyn New York den lang ersehnten Heiratsantrag gemacht. Nach der Hühnerbrühe und vor dem gefilten Fisch streifte er ihr einen goldenen Ring über den Finger und während sie ihn – ihren neuen Ring - tränenverhangen bestaunte, erzählte er, dass das der Ring seiner Großmutter Sarah gewesen ist und er – Isaac - sie – seine Rosa – heiraten wolle. Isaacs Großvater Samuel, der hauptberuflich Kartenspieler und nebenberuflich Bäcker in einem Stettl mitten in Galizien in der Nähe von L’vov gewesen ist, soll diesen Ring damals erspielt haben. Vor dem Gewinn steckte das goldene Schmuckstück mit dem roten Stein nämlich am Finger eines reichen Pelzhändlers. Großvater Samuel hat ihn anschließend bei einem Goldschmied kleiner machen lassen, mit der Absicht ihn eines Tages der Frau seines Herzens und Mutter seiner zukünftigen Kinder zu schenken. Als Zeichen seiner Liebe.
Nachdem Rosa und Isaac, der bald zu meiner Familie gehören sollte aus den U.S.A - dem gelobten Land Nr. 2 - zurückkamen, gab es nichts anderes mehr in Rosas Leben als die Hochzeitsvorbereitung. Seitdem konnte sie über nichts anderes mehr sprechen. Nach etlichem Hin und Her haben alle, die mitreden wollten, und das waren viele, sich endlich doch noch einigen können. Der Grund für laute Diskussionen und heftige Streitereien war das Datum, denn der achte März war in der Sowjetunion der internationale Frauentag. Man erinnerte sich ungern an die Heimat, die man vor mehr als zwanzig Jahren bei der erstbesten Möglichkeit fluchtartig verlassen hat und die als solche auch gar nicht mehr existierte. Die Sprache ist aber geblieben.
Genauso wie Rosa und ihre Eltern habe auch ich diesem Land vor mehr als zwanzig Jahren den Rücken gekehrt und vielem, was dort eine Bedeutung hatte, abgeschworen. Etlichen Traditionen und den mit der Muttermilch eingesaugtem tief sitzenden Aberglauben. Wovor man im Leben Angst haben musste und das dazu gehörige fein ausgeklügelte Verhalten das man unbedingt einhalten musste um das Unglück abzuwenden. Das aufzugeben hat mich etliche Analysesitzungen und einige Jahre meines Lebens gekostet. Seit Jahren führte ich mein unauffälliges Mimikry-Dasein ohne Traditionen und religiöse Feste und meinte es ganz gut im Griff zu haben, als mit einem Brief dieses Gerüst ins Wanken geriet und ich kalten Schweiß auf meiner Stirn entdeckte, denn auf einmal war sie da – die Familie.
Die Einladung zur Rosas und Isaacs Hochzeit lag im Briefkasten. Ich riss den Briefumschlag auf und starrte auf den Text, der mich mit seinen goldenen Buchstaben ansprang. Ein Familienfest war für mich ein kritisches Lebensereignis. Ich wusste nicht was ich machen sollte und befand mich mittendrin in meinem Dilemma. Nach einigen Alpträumen und etlichen Anrufen von Rosa in denen sie mich zu kommen bat oder schlicht und einfach erpresste, habe ich nach zwei Wochen kapituliert, die weiße Fahne gehisst und zugesagt.
Am achten März stieg ich mit dem Geschenk, einem ordinärem Kuvert, in dem ein beeindruckender Geldschein steckte und einem recht großen aus unzählig vielen Weideröschen bestehendem Blumenbouquet in ein Taxi. Die Sonne schien. Es war angenehm warm. Nach einer halben Stunde hielt der Taxifahrer vor dem großen Hotel, dessen Namen man auf der ganzen Welt kannte. Ich bezahlte, stieg aus und ging in Richtung Eingangstür. Der livrierte Mann war so freundlich mir diese aufzuhalten. Er zeigte mit seinem Zeigefinger, der in einem weißen Handschuh steckte, auf das große Schild, worauf unmissverständlich geschrieben stand, dass sich der Ort meines Einladungsgrundes im zweiten Stock befand. Das Entree bestand aus zwei überdimensionalen Marmorsäulen. Das Brautpaar stand direkt daneben und nahm die Geschenke in Empfang. Die etwas teigige Fotografin in einem wenig vorteilhaften Kleid zog mich barsch am Ärmel und stellte mich neben den Brautleuten ab, so dass ich es gerade noch rechtzeitig schaffte Rosa den Umschlag in die Hand zu drücken. Kurz darauf entlud sich das Blitzgewitter und ich hoffte keinen bleibenden Schaden davontragen zu müssen. Nachdem ich wieder sehen konnte erblickte ich einen Mann im grauen Anzug. Er hielt eine Kamera in der Hand und drehte ein Video. Damit auch die nachfolgenden und noch nicht geborenen Generationen sehen konnten wie die Vorfahren ihre Hochzeit gefeiert haben.
In meinem minimalistisch-schwarzen Designerhosenanzug sah ich aus, wie die arme Verwandte. Die fülligen Damen und Freundinnen der Braut musterten mich ein wenig verächtlich, denn sie waren in Abendkleider eingenäht, die bestimmt drei bis vier Monatsmieten meiner Wohnung kosten mussten. Man wollte gesehen und es musste über einen gesprochen werden und dafür war kein Aufwand zu hoch. Von dem funkelnden Schmuck der an ihnen hing etwas geblendet, hätte ich beinahe den pompösen Eingang zum Bankettsaal übersehen, der mit den prächtigsten Blumen und Schleifen in allen Farben geschmückt war. Am langen mit einem weißen Leintuch gedeckten Tisch saßen bereits einige Menschen, die ich über zwanzig Jahre nicht mehr gesehen habe. Die Begrüßung begann mit Umarmungen und mündete in feuchten Küssen auf meinen Wangen. Kinder und junge Menschen wurden mir in verschiedenen Sprachen vorgestellt, denn sie kamen aus Canada, U.S.A, Israel, Russland, Ukraine und bestimmt habe ich einige Länder vergessen. Als ein alter Mann aufstand und auf mich zukam, erkannte ich den uralten Onkel Lazar den ich nur zwei Mal in meinem ganzen Leben gesehen habe. Ich umarmte ihn und der Bann war gebrochen. Mit einem Mal befand ich mich in der Zeit meiner Kindheit. Salziges, warmes Wasser rannte um die Wette meine Wangen herunter. Ich sah Menschen, die ich kannte, wieder erkannte und doch nicht kannte. Menschen, die ich an diesem Tag kennen gelernt habe. Die Geschichten mit einigen von ihnen, die sich in diesem mir völlig fremden Raum befanden, waren zugleich auch meine Geschichten. Dieselben Geschichten meiner und ihrer Vorfahren. Und meine neue Familie. Isaacs Familie. Es gab Unmengen zu essen und noch mehr zu trinken. Im vorgerückten Morgengrauen spielte Slaviks Band auf der Yamaha Orgel Hevenu shalom alejchem und alle, die noch auf ihren eigenen Beinen stehen konnten, sprangen von ihren Stühlen auf und tanzten. Einige Männer deren Goldkettchen im Takt um ihre Hälse baumelten, hielten sich an den ausladenden Hüften ihrer Ehefrauen fest und schoben diese ein wenig taktlos über das Parkett. Das Brautpaar stand noch mehr oder weniger aufrecht mitten auf der Tanzfläche als das Lied verstummte und der harte Kern, der noch Kraft hatte, laut Gor’ko zu rufen anfing. Das war die Aufforderung zum Küssen an die Brautleute, so will es der Brauch, und Rosa und Isaac taten es auf diese bestimmte Art und Weise, die nur Verliebten eigen war. Und mich selbst überkam ein fast vergessenes Gefühl – ich war glücklich.

(
copyright by Rusanna Valentinovna)

Und hier ein Lied von rot-front zur Einstimmung