31.12.16

SILVESTER

WAS FANGE ICH SILVESTER AN?

Geh ich in Frack und meinen kessen
Blausanen Strümpfen zu dem Essen,
Das Herr Generaldirektor gibt?
Wo man heut nur beim Tanzen schiebt?
Die Hausfrau dehnt sich wild im Sessel -
Der Hausherr tut das sonst bei Dressel -,
Das junge Volk verdrückt sich bald.
Der Sekt ist warm. Der Kaffee kalt -
Prost Neujahr!
Ach, ich armer Mann!
Was fange ich Silvester an?

Wälz ich mich im Familienschoße?
Erst gibt es Hecht mit süßer Sauce,
Dann gibt's Gelee. Dann gibt es Krach.
Der greise Männe selbst wird schwach.
Aufsteigen üble Knatschgerüche.
Der Hans knutscht Minna in der Küche.
Um zwölf steht Rührung auf der Uhr.
Die Bowle -? ("Leichter Mosel" nur - )
Prost Neujahr!
Ach, ich armer Mann!
Was fange ich Silvester an?

Mach ich ins Amüsiervergnügen?
Drück ich mich in den Stadtbahnzügen?
Schrei ich in einer schwulen Bar:
"Huch, Schneeballblüte! Prost Neujahr -!"
Geh ich zur Firma Sklarz Geschwister -
Bleigießen? Ists ein Fladen klein:
Dies wird wohl Deutschlands Zukunft sein...
Prost Neujahr!
Helft mir armem Mann!
Was fang ich bloß Silvester an?

(Einladungen dankend verbeten.)

Kurt Tucholsky


24.12.16

ES IST SOWEIT

© PNP


22.12.16

Der Tod der Tanne

Knecht Ruprecht peitscht im Winterwalde
die Försterbuben wie ein Hirt,
und manche Tanne ahnt, wie balde
sie rüde abgeschlagen wird.
Noch hofft sie. Sie lauscht bang hinaus.
Doch dann – zu spät! Gleich ist es aus!
Dort schreit die Säge, und die Axt ertönt!
„Erbarm dich, Förster!“ Doch der Förster höhnt:
„Ich hack den Fuss dir ab! Ich hau dich breit!
Du bist des Todes! Weihnachtszeit!“
So geht’s der Tanne, wenn der Mensch es will.
Jetzt steht sie hier im Zimmer, tot und still.
(Goethe) 

12.12.16

MONTAG -

Arbeit ruft!

5.12.16

WINDSCHIEF B45

Naziporno? Historischer Roman oder Krimi? 

Die Mischung macht's. 

Der Stoff mit dem Manotti uns mitten in das Paris des Sommers 1945 schickt, ist nichts für zartbesaitete Gemüter. Paris. Ende der Nazibesatzung. Kollaboration, Widerstand, Mord, Liebe, Spionage und Sex. Vom Letzteren sehr viel. Klingt zunächst vielleicht abschreckend, doch ist es ein Buch, das so gut geschrieben ist, dass es schafft uns nach einigen Seiten all das filmisch vor uns entstehen zu lassen, was geschehen kann, wenn das Unrecht die Oberhand behält. Die "Protagonisten" dieses Systems, die es füttern, sind immer die gleichen Charaktere. Manottis unpathetischer, staccatoartiger Rhythmus erspart uns nichts von dieser traurigen Wahrheit.

Vorsicht! Manottis Schreibstil kann süchtig machen. 

________________________________________________________


Nun aber zu den Vorschlägen unseres nächsten Treffens am 

06.Januar 2017 - Ort bekannt - Zeit 19:00


J.K. 
Bodo Kirchhoff - Widerfahrnis

A.B.
Elena Ferrante - Meine geniale Freundin

R.W.
José Saramago - Die Stadt der Blinden

C.K.
Joanna Bator - Der Sandberg


Die Entscheidung fiel auf

Bodo Kirchhoff - Widerfahrnis

22.11.16

Jack London



wer etwas mehr über Das weiße Schweigen erfahren möchte - 

dann bitte hier 

7.11.16

WINDSCHIEF B44

Wie kann es überhaupt weitergehen, wenn man der Hölle Birkenau mit Siebzehn lebend entkommt? Manches muss wohl siebzig Jahre ruhen bevor es formuliert werden kann. Marceline Loridan-Ivens geb. Rozenberg fand dankenswerterweise, nachdem sie lange schwieg, die für sie dafür passenden Worte und schrieb ihrem auf dem Todesmarsch für immer verstummten, geliebten Vater einen herzzerreißenden Brief. Das daraus entstandene Buch „Und du bist nicht zurückgekommen“, ist ein eindringliches Zeitdokument, das Einblicke in ihr Leben nach der Befreiung erlaubt. So wie sie es uns erzählt, brachte ihr die Heimkehr keinen Frieden. 


Es ist ein einzigartiges Dokument, das wir alle in unserem Bücherschrank vorfinden sollten mit dem ihm eigens zugewiesenen Platz in der Rubrik „DAS BESONDERE BUCH“. 






Nächstes Treffen ist am 02.12.16 um 19:00 

Die Vorschläge waren:  

P. P.
Haruki Murakami - Von Beruf Schriftsteller

A. B.
Connie Palmen - Du sagst es

M. Sch.
Max Frisch - Montauk

C. K.
Dominique Manotti - Das schwarze Korps

R. W. 
Perikles Monioudis - Frederick



Die Gewinnerin ist C. K. 
mit
Dominique Manotti - Das schwarze Korps

1.11.16

Vorwärts ist

das neue Rückwärts?!!!!!




















© tumblebuggie

28.10.16

Niemand

©unbekannt - Rose Ausländer














Niemand
ich bin König Niemand
trage mein Niemandsland in der Tasche

Mit Fremdenpaß reise ich
von Meer zu Meer

Wasser deine blauen
deine schwarzen Augen
die farblosen

Mein Pseudonym 
niemand
ist legitim

Niemand argwöhnt
dass ich ein König bin
und in der Tasche
trage mein heimatloses Land.

26.10.16

stimmt

© unbekannt - Theodor Fontane









"Bücher haben Ehrgefühl. Wenn man sie verleiht, kommen sie nicht mehr zurück."

(Theodor Fontane)

Kann ich nur bestätigen, denn die meisten meiner Bücher haben Ehrgefühl gezeigt.

17.10.16

frisch entblättert




"Das gelbe Licht leuchtete auf. Zwei der Autos vorn beschleunigten bevor die Ampel auf Rot wechselte. Am Fußgängerübergang erschien das grüne Männchen. Die wartenden Passanten begannen die Straße zu überqueren, sie traten auf die weißen, auf den schwarzen Asphalt gemalten Streifen, nichts ähnelt einem Zebra weniger, dennoch werden sie so genannt. Die Autofahrer hielten ihre Autos ungeduldig zurück, voller Spannung mit dem Fuß auf der Kupplung, vor und zurück, wie nervöse Pferde, die die Peitsche in der Luft spüren. Die Fußgänger haben schon die Straße überquert, doch die Ampel, die den Autos den Weg freigeben soll, wird noch einige Sekunden auf sich warten lassen, es wird behauptet, dass diese eigentlich so unbedeutende Verzögerung, wenn wir sie mit den Tausenden von Ampeln in der Stadt multiplizieren und mit dem stets aufeinanderfolgenden Wechsel der drei Farben jeder einzelnen Ampel, eine der Hauptursachen für den Verkehrsstau ist."

© José Saramago

14.10.16

Hannah Arendt



"Wie schwer es sein muss, hier einen Weg zu finden, kommt vielleicht am deutlichsten in der gängigen Redensart zum Ausdruck, das Vergangene sei noch unbewältigt, man müsse erst einmal daran gehen, die Vergangenheit zu bewältigen. Dies kann man wahrscheinlich mit keiner Vergangenheit, sicher aber nicht mit dieser. Das höchste, was man erreichen kann, ist zu wissen und auszuhalten, dass es so und nicht anders gewesen ist, und dann zu sehen und abzuwarten, was sich daraus ergibt."

12.10.16

Froschherbst




















Der Sommer altert, kaltblütige Mutter,
Die Insekten sind knapp und mager.
In diesen moorigen Heimstätten quaken,
Und verkümmern wir nur.

Die Morgen zerrinnen in Schlaftrunkenheit.
Die Sonne wird allzu langsam hell
Zwischen marklosem Schilf. Fliegen lassen
Im Stich. Der Sumpf kränkelt.

Frost lässt gar die Spinne fallen. Zweifellos
Suchte der Geist der Fülle sich nun
Eine andere Bleibe. Unser Volk dünnt
Sich beklagenswert aus.

(Sylvia Plath)

9.10.16

WINDSCHIEF B43

Mein schönstes Gedicht

Mein schönstes Gedicht?
Ich schrieb es nicht.
Aus tiefsten Tiefen stieg es.
Ich schwieg es.


(Mascha Kaléko)

...

nächstes Treffen ist am 04.11.16 um 19:00

Buch: dasselbe wie zum letzten Treffen


© Martin Mlecko
in memoriam

2.10.16

The Frown


(© Thomas Webster, 1842)

24.9.16

Ernest Hemingways Hamburger Rezept


na denn - Guten Appetit

22.9.16

Herbst



Herbsttag

Herr: es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß.
Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren,
und auf den Fluren laß die Winde los.

Befiehl den letzten Früchten voll zu sein;
gieb ihnen noch zwei südlichere Tage,
dränge sie zur Vollendung hin und jage
die letzte Süße in den schweren Wein.

Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.
Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben,
wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben
und wird in den Alleen hin und her
unruhig wandern, wenn die Blätter treiben. 


(Rainer Maria Rilke)

Aus: Das Buch der Bilder

21.9.16

Die beiden Herren Well(e)s bleiben unvergesslich

Heute vor 150 Jahren wurde Herbert George Wells geboren. Alle Science Fiction Begeisterte kennen H.G.Wells. Er schenkte uns Werke wie: Die Zeitmaschine, Der Unsichtbare, Die Riesen kommen und etliche mehr. 
Einige sind uns unbekannt, andere wiederum kennen wir nur durch ihre Verfilmung. Eine Geschichte aber schreckte im Jahre 1938 ganz New York City aus dem Schlaf - die von Orson Welles für das Radio inszenierte, legendäre und unvergessliche - Krieg der Welten.

Ein großes Dankeschön an die beiden Herren mit dem gleichklingenden Namen.


15.9.16

Hitze frisst

Seele auf. 

5.9.16

am Montag - ein Gedicht





Jan Skácel: "Ohne Titel"

Denen hat keiner o Gott 
ein Leid angetan
sie rächen sich grausam
für ihre eigene Angst

und sie morden 
wie's gerade kommt 
das Herz voller 
Bangnis.

(Aus dem Tschechischen von Felix Philipp Ingold.)

4.9.16

WINDSCHIEF B42 - vorbei ist die Sommerpause

Robert Musil - Drei Frauen. Novellen. (1924). Dreiteiliger Novellenzyklus aus Grigia. (1921), Die Portugiesin. (1923) und Tonka. (1922)

Grigia: Homo, so heißt der Mann, der Frau und Kind verlässt, der nach Venetien geht um dort in einer Bergwerkgesellschaft zu arbeiten. An jenem Ort entfremdet er sich seinem bisherigen Leben und verliebt sich in eine Bäuerin namens Grigia. Diese Erzählung geschieht in einer irrealen Welt, die keine rationalen Antworten finden lässt. Die Naturgesetze scheinen Homo zu überwältigen. 

Die Portugiesin: Herr von Ketten ein sich durch die Gegend mordender Raubritter ehelicht eine Portugiesin, die er zu sich in seine klamme Burg holt. Erst als er krank und schwach ist, kehrt er zu ihr zurück und lässt sich von ihr pflegen. Auf einmal taucht eine sieche Katze auf, die man nicht sterben lassen kann. Jetzt wird es wieder wunderlich. 

Kommen wir nun zur realistischsten und ergreifendsten der drei Geschichten. Wir sind je nach Ausgabe auf Seite 84 von insgesamt 158. Es heißt, diese Tonka-Geschichte, wäre biographisch eingefärbt. 

Tonka ein junges Mädchen, eine Verkäuferin aus dem Tuchgeschäft, weiß auf ihre passiv-gewöhnliche Art den jungen Wissenschaftler aus "besserem Hause" zu umgarnen. Hier offenbart sich Musil als ein, für die damalige Zeit, bahnbrechender Erzähler, der mit verschiedenen Ebenen und Erzählweisen meisterhaft umzugehen weiß.

Die Windschiefen waren verwirrt. Sollte man wirklich Nietzsche oder Schopenhauer lesen bevor man Musil versteht? Aber warum? Müssten doch die Drei Frauen als ein Ganzes und jede für sich eigenständig lesbar und verständlich sein können. 

Irgendwie bleibt Musil auf seine Art und Weise - unvollendet und distanziert. Vielleicht waren diese drei Geschichten einfach nur als eine Umarmung gedacht, denn:

"Die Sprache der Liebe ist eine Geheimsprache, und in ihrer höchsten Vollendung so schweigsam wie eine Umarmung." Robert Musil


Weiter geht es mit den Vorschlägen zum nächsten Treffen 

am 07. Oktober 
Ort: bekannt
Zeit: 7 p.m.



M.M.

P.P.

R.W.

A.B. 

C.K.


Die Entscheidung fiel auf:

Marceline Loridan-Ivens - Und du bist nicht zurückgekommen


























(Mit Dank an S. Sch.-B. für diese Anregung)

26.8.16

Mein Sommerexperiment

Wem, des heißen Wetters wegen, das Buchhalten zu beschwerlich ist

Virginia Woolfs Orlando als Hörspiel - wer mir das gleichtun möchte - klicke direkt hier zur Folge eins oder gehe zum aufgelisteten Bayern2-Hörspiel-Pool

P.S.: dabei das Beinehochlegen nicht vergessen und sich mit einem Kaltgetränk ausrüsten



17.8.16

all you need to know about



Im Reprodukt Verlag (hier mit einer kleinen Leseprobe) ist diese Perle erschienen. Illustriert von der Comiclegende Robert Crumb, geschrieben vom David Zane Mairowitz, der auch ganz genau weiß, was er macht. Nicht minder als die beiden Großmeister übersetzte Ursula Grützmacher-Tabori mit Bravour die Geschichte aus dem Amerikanischen.

Über Kafkas Leben - die Kindheit, den Selbsthass, den Vater und - die Frauen.  

Wer mehr über Kafka erfahren will, hat hier genau das richtige Werk vor sich.

“Kafkas Themen wie der Selbsthass, seine Beziehung zu Frauen, die Schuldfrage sind auch meine. Er ist mein Bruder im Geiste.” – Robert Crumb

11.8.16

Ekaterina Panikanovas book paintings

Photo © Ekaterina Panikanova

2.8.16

1.8.16

Der August


Nun hebt das Jahr die Sense hoch
und mäht die Sommertage wie ein Bauer.
Wer sät, muß mähen.
Und wer mäht, muß säen.
Nichts bleibt, mein Herz. Und alles ist von Dauer.
Stockrosen stehen hinterm Zaun
in ihren alten, brüchigseidnen Trachten.
Die Sonnenblumen, üppig, blond und braun,
mit Schleiern vorm Gesicht, schaun aus wie Frau'n,
die eine Reise in die Hauptstadt machten.
Wann reisten sie? Bei Tage kaum.
Stets leuchteten sie golden am Stakete.
Wann reisten sie? Vielleicht im Traum?
Nachts, als der Duft vom Lindenbaum
an ihnen abschiedssüß vorüberwehte?
In Büchern liest man groß und breit,
selbst das Unendliche sei nicht unendlich.
Man dreht und wendet Raum und Zeit.
Man ist gescheiter als gescheit, -
das Unverständliche bleibt unverständlich.
Ein Erntewagen schwankt durchs Feld.
Im Garten riecht's nach Minze und Kamille.
Man sieht die Hitze. Und man hört die Stille.
Wie klein ist heut die ganze Welt!
Wie groß und grenzenlos ist die Idylle ...
Nichts bleibt, mein Herz. Bald sagt der Tag Gutnacht.
Sternschnuppen fallen dann, silbern und sacht,
ins Irgendwo, wie Tränen ohne Trauer.
Dann wünsche Deinen Wunsch, doch gib gut acht!
Nichts bleibt, mein Herz. Und alles ist von Dauer.

(Erich Kästner)

die schönsten Bücherräume dieser Welt

Und hier sind sie

11.7.16

Wenn jemand eine Reise tut, so kann er was erzählen

und wenn jemand keine Reise tut... der kann was lesen

30.6.16

Siebenmal mein Körper

Robert Gernhardt 















Mein Körper ist ein schutzlos Ding,
wie gut, daß er mich hat.
Ich hülle ihn in Tuch und Garn
und mach ihn täglich satt.
Mein Körper hat es gut bei mir,
ich geb' ihm Brot und Wein.
Er kriegt von beidem nie genug,
und nachher muß er spein.
Mein Körper hält sich nicht an mich,
er tut, was ich nicht darf.
Ich wärme mich an Bild, Wort, Klang,
ihn machen Körper scharf.
Mein Körper macht nur, was er will,
macht Schmutz, Schweiß, Haar und Horn.
Ich wasche und beschneide ihn
von hinten und von vorn.
Mein Körper ist voll Unvernunft,
ist gierig, faul und geil.
Tagtäglich geht er mehr kaputt,
ich mach ihn wieder heil.
Mein Körper kennt nicht Maß noch Dank,
er tut mir manchmal weh.
Ich bring ihn trotzdem übern Berg
und fahr ihn an die See.
Mein Körper ist so unsozial.
Ich rede, er bleibt stumm.
Ich leb ein Leben lang für ihn.
Er bringt mich langsam um.


(Robert Gernhardt 1937-2006)

27.6.16

21.6.16

SOMMER

La Librairie de la Lune

Paris, circa 1931



© Brassaï

17.6.16

16.6.16

Alle jammern über

schlechtes Wetter. Dabei kann für manche genau dieser Umstand der Grund dafür sein Unglaubliches zu erschaffen. Um was es sich genau handelt - ist hier nachzulesen.

Mary Shelley