5.10.24

WINDSCHIEF B117

Um welches Buch ging es am 04.10.24?

KNIFE

Wer hat es geschrieben?

Salman Rushdie: Geboren am 19. Juni 1947 in Bombay (heute Mumbai), Indien ist ein britisch-indischer Schriftsteller und Essayist, der in New York lebt.

Kurzer historische Ausflug:

Am 14. Februar 1989 verhängt, bereits in einem sehr fortgeschrittenen Alter, der iranische Revolutionsführer Ajatollah Khomeini eine Fatwa gegen Salman Rushdie. Grund dafür waren Passagen über den Propheten Mohammed in einer Szene seines Romans Die satanischen Verse aus dem Jahr 1988. Khomeini rief zur weltweiten Verfolgung auf und setzte eine Prämie für eine Tötung aus, ungeachtet internationaler Proteste: „Ich setze das stolze Volk der Moslems in aller Welt davon in Kenntnis, dass der Autor des Buches ‚Die satanischen Verse‘ […] und alle an seiner Publikation Beteiligten zum Tode verurteilt sind.“ 

Im Laufe der Zeit erhöhten Fanatiker das Kopfgeld von 150.000 auf 2,8 Millionen Dollar. Aus Sicherheitsgründen wurde Salman Rushdie in England unter Polizeischutz gestellt und wechselte jahrelang seinen Aufenthaltsort. Trotz eine an die Öffentlichkeit gerichtete Entschuldigung Ende 1990 verdoppelte Teherans Regierung das Kopfgeld im März 1991.

Der japanische Übersetzer Hitoshi Igarashi wurde ermordet; der italienische Übersetzer Ettore Caprioli und der norwegische Verleger William Nygaard schafften es knapp ihren auf sie verübten Mordanschlägen zu entkommen. Erst am 23. September 1998 erklärte der iranische Staatspräsident Khatami, man wolle die Fatwa ruhen lassen. Doch kurz darauf drohte eine Gruppe fundamentalistischer Moslems erneut mit der Vollstreckung des Todesurteils gegen Rushdie. 

Und dann kam der 12. August 2022

Worum geht es also in Knife? Der Beginn.

 


Knife ist ein sehr persönlicher und ehrlicher Bericht über den Messerangriff auf ihn, Rushdie, im Jahr 2022. Englischer Untertitel lautet: Meditations after an attempted murder. In diesem Zusammenhang s.o., benenne ich den Übersetzer lieber nicht. 
 
Wir lesen mehr als nur eine Schilderung des Traumas; es ist ein mutiges Plädoyer für Freiheit und die Macht der Worte. Rushdie reflektiert offen seine Erfahrungen in einer Deutlichkeit, die einen, beim Lesen einiger Passagen, erschaudern lässt. Er beschreibt die physischen und psychischen Folgen des Angriffs, die Angst, den Schmerz und die überwältigend-liebevolle Unterstützung, die er erfährt. Persönliche Anekdoten verweben sich mit literarischen Referenzen und gesellschaftlichen Beobachtungen. Und alles in allem ist es auch eine wunderbar-ehrliche Liebeserklärung an alle, die dazu beigetragen haben, dass er dieses Buch überhaupt schreiben konnte. Diesen Menschen ist dieses Buch gewidmet.

Rushdies Fähigkeit, in dunklen Stunden Hoffnung zu finden, ist bewundernswert. Seine präzise Sprache schildert grausame Details aus denen wir lernen können.

Fazit: 
Knife ist ein wichtiges Buch für alle, die an den Mut und an die Freiheit (des Wortes) glauben.  

An wen verschenken? 
An jene - s.o.

Zitat:

 "Eine Nachtmahr hatte die Grenze zwischen Traum und Wirklichkeit überquert und war real geworden."

Was bleibt nach dem Lesen?

Die Bestärkung des Zitats von Goethe: "Allen Gewalten zum Trutz sich erhalten."


Die Vorschläge zum 01.11.24

 

S.B.: next time absent

P.P.: Oliver Sacks - Der einarmige Pianist - denn: "Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum." (Nietzsche)

R.W.: Akiz - Der Hund

C.K.: next time absent

A.B.: Tezer Özlü - Suche nach den Spuren eines Selbstmordes

D.E.: Rachel Eliza Griffith - Was ihr uns versprochen habt

 

UND der Gewinner ist:

AKIZ - Der Hund

 

Der Hund

10.9.24

DIE FÜNFTE JAHRESZEIT

Wenn der Sommer vorbei ist und die Ernte in die Scheuern gebracht ist, wenn
sich die Natur niederlegt, wie ein ganz altes Pferd, das sich im Stall hinlegt,
so müde ist es - wenn der späte Nachsommer im Verklingen ist und der frühe
Herbst noch nicht angefangen hat - dann ist die fünfte Jahreszeit.

Nun ruht es. Die Natur hält den Atem an; an andern Tagen atmet sie unmerklich
aus leise wogender Brust. Nun ist alles vorüber: geboren ist, gereift ist,
gewachsen ist, gelaicht ist, geerntet ist - nun ist es vorüber .
Nun sind da noch die Blätter und die Sträucher, aber im Augenblick dient das zu
gar nichts; wenn überhaupt in der Natur ein Zweck verborgen ist: im Augenblick
steht das Räderwerk still. Es ruht.

Mücken spielen im schwarzgoldenen Licht, im Licht sind wirklich schwarze Töne,
tiefes Altgold liegt unter den Buchen, Pflaumenblau auf den Höhen ... kein Blatt
bewegt sich, es ist ganz still. Blank sind die Farben, der See liegt wie gemalt,
es ist ganz still. Ein Boot, das flußab gleitet, Aufgespartes wird dahingegeben - es ruht.

So vier, so acht Tage - Und dann geht etwas vor. Eines Morgens riechst du den
Herbst. Es ist noch nicht kalt; es ist nicht windig; es hat sich eigentlich gar
nichts geändert - und doch alles.
Noch ist alles wie gestern: Die Blätter, die Bäume, die Sträucher ... aber nun
ist alles anders....

Das Wunder hat vielleicht vier Tage gedauert oder fünf, und du hast gewünscht,
es solle nie, nie aufhören... Spätsommer, Frühherbst und das, was zwischen ihnen
beiden liegt. Eine ganz kurze Spanne Zeit im Jahre.

Es ist die fünfte und schönste Jahreszeit.

(Kurt Tucholsky)

8.9.24

WINDSCHIEF B116

Um welches Buch ging es am 06.09.24?

Gewitter im Ziplock

Wer hat es geschrieben?

Dana Vowinckel, geboren 1996 in Berlin, ist eine Schriftstellerin und Linguistin.

Worum geht es im Buch?

Margarita ist 15 und lebt in einer "ganz normalen" jüdischen Familie, die zwischen Deutschland, den USA und Israel verstreut ist. Ihr Vater Avi, ein Kantor in Berlin, und ihre Mutter Marsha, Linguistin, die in den USA lebt, führen getrennte Leben, doch die Vergangenheit ihrer Familien verbindet sie auf komplexe Weise. Denn wie könnte es anders sein? Dazwischen, mitten in der "Puberkulose", Margarita.

Eine Reise nach Israel wird zum Wendepunkt: Die Großeltern, die Last der Geschichte und die Frage der jüdischen Identität drängen an die Oberfläche. In diesem Roman, gekonnt erzählt aus den Blickwinkeln der jungen Frau und ihrem Vater, entfaltet sich ein bewegendes Generationendrama, in dem die Themen Erinnerung, Identität und die unentrinnbare Vergangenheit zusammenkommen.

Unsere Meinung?

Diametral entgegengesetzt. Wie könnte es auch anders sein?

- toll geschrieben und obwohl noch so  jung, bereits so klug und lebenserfahren - man erfährt viel über jüdisches Leben

- von völlig uninteressant bis rass!st!sch


Schönes Zitat und Liebeserklärung an eine große Stadt aus dem Buch:

"Berlin war nicht die Stadt meiner Eltern, es war nicht meine Stadt, aber irgendwie war es doch das Zuhause, das wir hatten."


Wem schenken?

Na, allen Junggebliebenen und allen, die es noch werden wollen und allen, die Interesse am ganz normalen, alltäglichen Wahnsinn des Jüdischsein und des Nichtjüdischsein haben.


Was bleibt nach dem Lesen?

Die Frage: Was bedeutet eigentlich - Gewitter im Ziplock?

 

Der Abend selbst?

Seeeehhhhr windschief-kontrovers und mit KnirschKnarsch im Getriebe. 

 

Die Vorschläge zum 04.10.24

S.B.: Oliver Sacks - Der einarmige Pianist - denn: "Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum." (Nietzsche)

P.P.: Salman Rushdie - Knife

R.W.: Lavie Tidhar - Maror - sehr viel zu dick, aaaaaber ungemein spannend

J.K.: - (nächstes Mal nicht dabei)

A.P.: Adam Andrusier - Tausche zwei Hitler gegen eine Marilyn

 

AAAAND THE WINNER IS:

Sir Ahmed Salman Rushdie - KNiFE

 



 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

PS: Mea culpa - mea maxima culpa! Eigentlich hatten wir ja zwei Bücher zu besprechen - aber irgendwie ging der liebe Franz Kafka unter.  Aber nach Kafka - ist vor Kafka. And he will always be the one and only! - Und das kann überhaupt niemals anders sein.

8.6.24

WINDSCHIEF B115

Um welches Buch ging es am 07.06.24?

 Trophäe

Wer hat es geschrieben?

Gaea Schoeters - eine flämische Autorin.


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 Aus dem Niederländischen übersetzt hat es Lisa Mensing

Worum geht es im Buch?

Hunter White, ein wohlhabender nordamerikanischer Börsenspekulant, lebt  das Motto seines Namens. Er jagt sowohl nach Reichtum als auch nach Großwild. Seit seiner Kindheit von zwei Leidenschaften getrieben – Geld und die Jagd – führt ihn seine Besessenheit von der Wall Street nach Afrika. Hier jagt er anfangs noch Tiere, aber schon bald unterbreitet man ihm ein Angebot, das er nicht ablehnen wird, obwohl er könnte. Ab diesem Punkt nimmt die Geschichte eine dramatische Wendung, entfaltet sich mit einer unerwarteten Dynamik und nimmt Fahrt auf.


Unsere Meinung?

Fast alle von uns waren, trotz des Themas: Jagd, sehr beeindruckt von diesem Buch. 

Es entführte uns in die atemberaubende Natur Afrikas und schaltete ab der ersten Zeile unser Kopfkino ein. Die Erzählweise der Autorin zieht uns in den Bann der Geschichte, sodass man sich inmitten der Savannen und Wildtiere wiederfindet. So schafft es nur jemand, der/die sehr gut schreiben kann. Das kann Frau Schoeters - sehr gut schreiben.

Bemerkenswertes Zitat:

„Der Körper ist ein Instrument der Seele.“

Bonuspunkte für:

Die Autorin beherrscht die Kunst, Afrika in seiner ganzen Pracht und Wildheit lebendig werden zu lassen. Durch ihre Schilderungen werden alle Sinne angesprochen, und die emotionalen Höhen und Tiefen der Beteiligten werden intensiv miterlebt. Es gibt Etliches zu lernen und nachzudenken.

Lies dieses Buch nur, wenn:

Du bereit bist, in die dunklen Tiefen der menschlichen Natur zu blicken.

Wem schenken?

Egal wem - aber unbedingt!

Das Buch in drei Wörtern:

berauschend – dicht – gnadenlos

Was bleibt nach dem Lesen?

Ein großer Eindruck. Die Geschichte von Hunter White hinterlässt ein Echo. Könnte mein Buch des Jahres werden.

 

SOMMERPAUSE:  Nächstes Treffen 06.09.24

Wir lesen zum nächsten Treffen zwei Bücher
 
A.B.: Dana Vowinckel - Gewässer im Ziplock - war eh klar, weil letztes Mal so gewählt


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 und dann standen noch diese Kandidaten zur Auswahl 


P.P.: kein Vorschlag

C.C.: kein Vorschlag

D.E.: ist nächstes Mal nicht dabei - deswegen kein Vorschlag 


und gewonnen hat - Tadaaaa

 Franz Kafka mit Nikolaus Heidelbach - Gelegenheit zu einer kleinen Verzweiflung

 


 



4.5.24

WINDSCHIEF B114

Um welches Buch ging es am dritten Mai?
 
Kim Jiyoung, Geboren 1982 
 
Wer hat es geschrieben?
 
Cho Nam-Joo

Worum ging es in dem Buch?
 
Kim Jiyoung sucht nach Gleichberechtigung in der südkoreanischen Gesellschaft.

In Südkorea arbeiten viele Frauen, doch die Gleichberechtigung am Arbeitsmarkt und in der Gesellschaft ist fraglich. Der Debütroman verfolgt den Lebensweg der fiktiven Kim Jiyoung, geboren 1982. Schon in Schule und Studium treten Mädchen hinter Jungen zurück, eine angemessene Anstellung als Frau ist schwierig. Als sie schwanger wird, gibt sie ihre Arbeit auf und kümmert sich um das Kind. Der Kampf um eigene Bedürfnisse in einer ungleichen Gesellschaft ist für Kim kaum auszuhalten. So beginnt sie sich seltsam zu verhalten.  

Was dachten wir?
 

Das Buch zeigt ein jahrtausendealte Ungerechtigkeit. In diesem Roman spielt sie sich in Südkorea ab. Ähnlich unfair - same same BUT different - geht es aber  auch in der restlichen Welt zu. Dieses Buch überzeugte uns nicht, da andere schon besser über diesen Missstand zu erzählen wussten und dass dieser Roman, wie jemand behauptete, unsere Welt verändern würde, daran hat niemand von uns nach der Lektüre geglaubt.
 

So! Und hier zu den Vorschlägen zum nächsten Treffen am 07. Juni c.t. 19:00
 
 


 
 

  
Das Gewinnerbuch des Abends war Dana Vowinckels • Gewitter im Ziplock - aaaaaber danach wurde klar, dass A.B. nächstes Mal gar nicht dabei sein kann. Aaaaaaaalso zurück auf Anfang und diesmal gewann Trophäe.
 

 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
!!!!! Gewitter im Ziplock lesen wir deshalb trotzdem als Sommerpausenbuch  

SIEHST DU MICH

 
Zwischen Erde und Himmel?

Nie ging einer über meinen Pfad.

Aber dein Antlitz wärmt meine Welt,

Von dir geht alles Blühen aus.

Wenn du mich ansiehst,

Wird mein Herz süß.

Ich liege unter deinem Lächeln

Und lerne Tag und Nacht bereiten.

Dich hinzaubern und vergehen lassen,

Immer spiele ich das eine Spiel.

5.3.24

WINDSCHIEF B113

Um welches Buch ging es am ersten März?

Genie oder Monster?  Von der Schwierigkeit Künstler und Werk zu trennen

Englischer Titel: Monsters 

übersetzt aus dem Amerikanischen von Violeta Topalova


Wer hat es geschrieben?

Claire Dederer kam in Seattle 1967 zur Welt.

Sie ist Buchkritikerin, Essayistin und Reporterin.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Worum ging es in dem Buch?

Wenn es doch bloß so einfach wäre - gut - schlecht, schwarz - weiß, Genie - Monster. Aber ist es nicht changierend und deshalb nicht einfach zu beantworten? Auf diesen Trip schickt uns Claire Dederer. Nun, eigentlich lässt sie uns ihren subjektiven Gedanken folgen. Sie führt eine Selbstbefragung und versucht dabei herauszufinden, wie man über jemanden urteilt, der Schreckliches getan hat. Ist es o.k. Polanskis Filme zu sehen? Oder Michael Jacksons Songs zu hören oder Nabokovs Roman Lolita zu lesen?

Auf jeden Fall bietet dieses Buch eine gute Gelegenheit uns an die eigene Nase zu fassen. Die Perspektive, dass der "Konsum" von Kunstwerken eines umstrittenen Künstlers eine Gelegenheit bietet, über die Komplexität der menschlichen Natur und die Spannung zwischen Kreativität und Moral nachzudenken. Wir erfahren mehr über Virginia Woolf, Picasso, Richard Wagner, Woody Allen und viele andere, die Großartiges geschaffen und Widerwärtiges getan haben.

 

Was dachten wir?

Auch nach der Lektüre dieses Buches bleibt eine eindeutige Antwort  aus.


Wem schenken?

Allen, die mehr über Kunst und menschliche Abgründe erfahren wollen.   

 

Und hier zu den Vorschlägen zum nächsten Treffen am 05.04. um c.t. 19:00

 

S.B.: Abraham B. Jehoschua -  Die Passion des Personalbeauftragten

P.P.: Doris Lessing - Das goldene Notizbuch

J.K.: Cho Nam-Joo - Kim Jiyoung, Geboren 1982

R.W.: Kira Yarmysch - DAFUQ

A.B.: nächstes Mal nicht dabei

K.M.: nächstes Mal nicht dabei

 

aaaaaand the winner iiiiiis:

Cho Nam-Joo - Kim Jiyoung, Geboren 1982




4.2.24

WINDSCHIEF B112

Um welches Buch ging es am 02. Februar?

Jeder von uns bewohnt die Welt auf seine Weise

Wer hat es geschrieben?

Jean-Paul Dubois ist ein französischer Schriftsteller, der für den oben genannten Roman 2019 den Prix Goncourt erhielt.

 

Der Inhalt des Buches

Der Roman "Tous les hommes n'habitent pas le monde de la même façon" von Jean-Paul Dubois erzählt die Geschichte des Gefängnisinsassen Paul Hansen, der uns sein Leben in Form von Erinnerungen und Reflexionen auf eindrückliche Weise nahebringt. Warum sitzt ein gänzlich durchschnittlich anmutender Mann im kanadischen Knast? Was führte dazu?

Das Buch beginnt mit Pauls, so heißt der Protagonist, Verurteilung. Während seiner Haftstrafe blickt er auf das Geschehene und das Gegenwärtige.

 

Der Roman zeichnet sich durch einen tiefen Einblick in seine Gedankenwelt aus, während er versucht, die Ereignisse seines Lebens zu verstehen und mit seiner schmerzhaften Vergangenheit ins Reine zu kommen.

Dubois schreibt mit einer feinen Mischung aus Melancholie und Humor und erzählt eine eindringliche Geschichte über die Komplexität menschlicher Beziehungen und die Herausforderungen des Lebens.

Übersetzung: Aus dem Französischen von Nathalie Mälzer und Uta Rüenauver 

 

Zitat:

Die Haft zieht die Tage in die Länge, streckt die Nächte, dehnt die Stunden, verleiht der Zeit eine breiige, angeranzte Konsistenz. Jeder hier hat das Gefühl, sich in einem zähen Schlamm zu bewegen, aus dem er sich bei jedem Schritt herausziehen muss, mit aller Kraft darum kämpfend, nicht im Selbstekel stecken zu bleiben. Das Gefängnis begräbt uns bei lebendigem Leib. Die mit kurzen Strafen können Hoffnung haben, die anderen befinden sich bereits im Massengrab.


Unsere Meinung:

Selten waren wir uns so einig darüber, dass uns ein Buch wirklich gut gefallen hat. Jedenfalls: Ein Buch zum Weiterschenken.


Unsere Buchvorschläge:

S. B. - Stefan Zweig - Vierundzwanzig Stunden aus dem Leben einer Frau

J. K. - kein Vorschlag 🙊

R. W. - Claire Dederer - Genie oder Monster

P. P. - kein Vorschlag 🙊

A.B. - nächstes Mal nicht dabei 😞

A.P.  - nächstes Mal nicht dabei 😞


und die Gewinnerin (per geheimer Zettelwahl und 5:1) zum nächsten Treffen am 01. März um c.t. 19:00 - ist:

Claire Dederer - GENIE ODER MONSTER


 

6.1.24

WINDSCHIEF B111

Um welches Buch ging es am 05.01.2024?

Der dritte Mann 

Wer hat es geschrieben?

 


















Graham Greene war ein britischer Schriftsteller. Er wurde am 2. Oktober 1904 geboren und starb am 3. April 1991. 

Man lobt ihn oft für seine Fähigkeit, komplexe Themen geschickt in Geschichten zu packen. Seine Protagonisten werden häufig von moralischen Konflikten geplagt, die sie vor schwierige Entscheidungen stellen.

Eines seiner bekanntesten Bücher ist "Der dritte Mann", berühmt geworden durch den gleichnamigen Filmklassiker. Sagenhaft. Ein Schwergewicht des Film Noir. Orson Welles macht Harry Lime unvergesslich und Harry Lime - Orson Welles.

Um was ging es im Buch?

"Der dritte Mann" erzählt die Geschichte des Schriftstellers Holly Martins, der in das vom Krieg zerstörte Wien der Nachkriegszeit reist, um seinen alten Freund Harry Lime zu besuchen. Dort erfährt er, dass Lime bei einem mysteriösen Unfall ums Leben gekommen ist. Die Geschichte behandelt Themen wie Verrat, Freundschaft und Moral in einer zerrütteten und von Korruption gezeichneten Gesellschaft.

Wenn dieses Buch in einer Musik zusammengefasst werden könnte, wäre es selbstverständlich DAS HIER.

Was wäre noch zu sagen? 

Ein nahezu klangloses Buch schmolz man in einen Klassiker der Filmgeschichte um! Und was dieses Buch besonders macht, ist uns einen eigenen Film vor unserem geistigen Auge entstehen zu lassen. Das schafft Greene. 


Die Vorschläge zum nächsten Treffen am 02.02.2024 um c.t. 7 p.m.:

A.B.: Anna Kim - Geschichte eines Kindes

D.E.: Elif Shafak - Unerhörte Stimmen (leider tsu fätt)

K.M.: Jiddu Krishnamurti - Über Leben und Sterben

S.B.: Raymond Queneau - Das geheime Tagebuch der Sally Mara

P.P.: Ta-Nehisi Coates - Zwischen mir und der Welt

J.K.: Dalia Owens - Der Gesang der Flusskrebse (leider tsu fätt aussi)

R.W.: Jean-Paul Dubois - Jeder von uns bewohnt die Welt auf seine Weise


Und das Gewinnerbuch (gibt es auch als Hörbuch) ... IST DAS:

Jean-Paul Dubois 

Jeder von uns bewohnt die Welt auf seine Weise

2.12.23

WINDSCHIEF B110

Um welches Buch ging es am 01. Dezember, unserem letzten Treffen im Jahr 2023?

YOGA

Wer hat es geschrieben?

Emmanuel Carrère, geboren am 9. Dezember 1957 in Paris, ist ein bekannter französischer Schriftsteller, Drehbuchautor und Regisseur. Er studierte an der École pratique des hautes études in Paris und begann seine Karriere als Journalist für verschiedene Zeitschriften.

Sein literarisches Werk umfasst eine Vielzahl von Genres, darunter Romane, Sachbücher und Drehbücher. Er ist bekannt für seine einzigartige Mischung aus Fakten und Fiktion und er ist ein Meister des persönlichen Erzählens, der seine eigenen Erfahrungen und Gedanken in seine Texte einfließen lässt.

Wer hat es übersetzt?

Claudia Hamm

Um was ging es im Buch?

Anfänglich möchte der Autor über sein Yoga-Retreat schreiben. Über das Meditieren über den Weg zu sich selbst und einen Schritt in Richtung Nirwana (vielleicht) - doch G'tt hatte etwas anderes vor und ließ den Terroranschlag auf Charlie Hebdo zu. Und dann veränderte sich Carrères Plan sehr unsanft. Von diesem schrecklichen Ereignis tief erschüttert, einer Carrères Freunde wird ermordet, guckt E. C. in seinen eigenen Abgrund. Dieser guckt zurück - und Emmanuel landet für vier Monate in der Psychiatrie. Eine bipolare Störung. Es entsteht eine packende Autofiktion darüber, wie er sich da herauskämpft. Wie ihm Poesie dabei hilft und was oder wer alles sonst noch.

Bemerkenswertes:

Die dichteste Beschreibung einer Liebesszene, die ich so noch nicht gelesen habe. 

Wem schenken?Wem nicht?

PS: Bei den Vorschlägen sollten wir uns etwas Mühe geben und Bücher aussuchen, die es bereits als Hörbücher gibt. 


Und hier die Vorschläge zum nächsten Treffen am 05. 01. 2024

A.B. - Dana Vowinckel - Gewässer im Ziplock

P.P. - Michail Chodorkowski - Wie man einen Drachen tötet

S.B. - Ian McEwan - Erste Liebe - letzte Riten

R.W. - Graham Greene - Der dritte Mann

C.K. nächstes und übernächstes Mal nicht dabei

A.P. nächstes Mal nicht dabei


Das Gewinnerbuch:

DER DRITTE MANN 

und damit wir auch das gleiche Buch lesen - die Übersetzung des Nikolaus Stingl - Zsolnay Verlag




3.9.23

WINDSCHIEF B109 - NACH DER SOMMERPAUSE

Um welches Buch ging es am 01. September?

Crossroads

Wer hat es geschrieben?

Mr. Jonathan Franzen










Und wer hat's übersetzt?

Bettina Abarbanell

Um was ging's im Buch?

Dezember 1971, in Chicago. Russ Hildebrandt, der protestantische Pfarrer einer Vorstadtkirche, ist kurz davor, seine trostlose Ehe zu beenden. Aber er scheint damit nicht alleine zu sein. Auch seine Frau Marion, die ihre eigenen Geheimnisse hat, ist des Ehelebens müde.

Der älteste Sohn, Clem, kommt von der Universität nach Hause und hat eine Entscheidung getroffen, die Russ sehr schockieren wird. Die einzige Tochter Becky, der Star der Schule, gerät plötzlich in den Strudel der Gegenkultur, und der dritte im Bunde, Perry, der Drogen an jüngere Schüler verkauft hat, beschließt, sich zu bessern. 

Jeder der Familie Hildebrandt sucht nach seiner persönlichen Befreiung, und alle anderen Mitglieder der Familie hindern sich gegenseitig daran, diese zu finden?


PS: Crossroads ist der erste Teil einer geplanten Trilogie. 


Was denken/dachten wir?

von ein schlecht geschriebenes, uninteressantes Buch (S.B.) bis ein grandioses Buch, das allein bei dem Gedanken weiterzulesen, erfreute (K.M.) 

Jedenfalls entbrannte daraufhin eine hitzige Debatte. 

Fazit: 

Durchwachsen und nicht durchgängig überzeugend. 

Ein Autor, der unbenommen zu schreiben weiß, ließ ein Werk enstehen, das inhaltlich nicht alle ansprechen wird. 


Und hier sind sie - die Vorschläge zum nächsten Treffen am 06. 10.


C. K. •  T. C. Boyle - Blue Skies

S. B. •  Oscar Wilde - Das Bildnis des Dorian Gray

P. P. • Emmanuel Carrère - Yoga

U. J. • Jonathan Franzen - Wann hören wir auf, uns etwas vorzumachen?

A. P. • Olga Tokarczuk - Empusion

R. W. •  Truman Capote - Ich bin schwul - Ich bin süchtig - Ich bin ein Genie

J. K. • absent

D. E. • absent

K. M. • next time absent 

A. B. • next time absent


Der Gewinner, mit drei Stimmen, iiiiiiiiiist:

Emmanuel Carrère - YOGA








8.8.23

Lesen ist...



 "Lesen ist das unbestrafte Laster. " (Valery Larbaud)


4.6.23

WINDSCHIEF B108

Um welches Buch ging es am 02. Juni?

Sich lichtende Nebel

Wer hat es geschrieben?

Christian Haller  

Um was ging es im Buch?

Physik, Quantenmechanik, Freundschaft, Liebe, Irrungen und Wirrungen, Heisenberg. Ganz schön nebulös das Ganze.  

Was denken wir?

Von - eine völlig neue Art die Literatur mit Wissenschaft zu verknüpfen sei es (wenn das viele Experten behaupten, so muss es schließlich stimmen ;) - habe nichts verstanden und  #@=>$$ :-()! - war alles dabei. Das hielt uns ganz schön auf Trab.

Hier noch eine Gastkritik von G. B. - Dankeschön dafür.

Abwechselnd im Buch tauchen 2 Protagonisten auf, die sich gar nicht kennen und nichts miteinander zu tun haben.
Der Leser muß aber in den kleinen Kapiteln immer abwechselnd den einen und dann den anderen beobachten. Da diese beiden so gesichtslos sind, muß man sich Mühe geben, sie zu erkennen. Beide Männer sind farblos, blaß, uninteressant. Der eine ist ein emeritierter  Professor, er heißt Helstedt, der andere bleibt namenlos "der junge Wissenschaftler". Nach 2/3 des Buches erfährt man , dass der junge Wissenschaftler " leicht krauses, zurückgekämmtes Haar" hat.
Der Professor hat eine seltsame visionäre Erfahrung gemacht, die ihn sehr beschäftigt und für die er eine Erklärung sucht. Der junge Wissenschaftler sucht, wie andere Physiker auch, nach einer mathematischen Formel für die Widersprüche zwischen den im Experiment beobachteten Bahnen mit dem bisher gültigen Atommodell.

In den vielen kurzen Kapiteln benennt der Autor immer wieder diese beiden Probleme, ohne dabei detaillierter zu werden. Ja, sie werden echohaft wiederholt. Die beiden Männer sind auf ihrer Suche, aber es fehlt die Beschreibung ihrer Passion, ihrer Faszination für diese Suche.
Der alte Professor sucht Gespräche mit anderen über sein entdecktes Phänomen, stößt dabei aber auf wenig Verständnis.
Der Junge zieht sich auf eine Insel zurück und brütet am Schreibtisch über eine Lösung. Bei ihm taucht der Gedanke auf, daß die Forschung ähnlich ist, wie das Bergwandern im Nebel: Manchmal lichtet sich unerwartet der Nebel und etwas zuvor Schleierhaftes wird klar erkennbar.


Das Buch ist leider völlig uninteressant geschrieben. Sowohl die zu erforschenden Phänomene bleiben plakativ und werden mit immer gleichen Worten für den Leser auch nicht reizvoller.
Und die beiden Männer bleiben ebenfalls uninteressant, weil ihre Eigenschaften, ihre Motive, ihre Geschichte, ihre Emotionen nicht erwähnt werden.
Die Tatsache, dass in der Wissenschaft der Erkenntnisprozeß schwierig ist, manchmal Irrwege eingeschlagen werden, manchmal wieder Rückschläge sind, ehe eine bahnbrechende Erkenntnis auftaucht, wäre durch den Titel des Buches gut beschrieben gewesen.

Fazit: 

U. J. liebte das Buch S. B. ganz das Gegenteil - alle Anderen waren irgendwo in der Mitte. A. P. konnte sehr gut damit ausruhen. R. W. hat kaum etwas kapiert. So auch P. P. A. B., C. K. wollten es nochmal lesen, denn je länger wir uns stritten wuchs der Wunsch danach. J. K. wollte es noch zu Ende lesen.

Aaaaaaber der Abend war, von einer Null bis zu Zehn, eine dicke und unterstrichene 9. Mit anderen Worten ein großes Geschenk. DANKE an alle Beteiligten. Nächstes Mal hoffentlich wieder vollzählig.


Und hier sind sie - unsere Vorschläge zum nächsten Treffen 

am ersten September um c.t. 19:oo - denn im Juli und August ist SOMMERPAUSE:


C. K. - John Irving - Der letzte Sessellift

S. B. - Truman Capote - Andere Stimmen, andere Räume

P. P. - Benjamin Labatut - Das blinde Licht

U. J. - Jarka Kubsova - Bergland

A. B. - Kim Stanley-Robertson - Das Ministerium für die Zukunft

A. P. - Nastassja Martin - An das Wilde glauben

R. W. - Fjodor M. Dostojewski - Weiße Nächte oder hier online

J. K. - Jonathan Franzen - Crossroads


Das Etwas-dickere-als-sonst-Gewinnerbuch ist:

JONATHAN FRANZEN - CROSSROADS