23.11.17

DAS UNGESCHRIEBENE BUCH



















"Wenn es ein Buch gibt, das du wirklich selber lesen willst, aber das noch nicht geschrieben wurde, dann musst du es selbst schreiben."

Toni Morrison 

10.11.17

WINDSCHIEF B54

Um welches Buch ging es am 03.November?




Über den Autor Bruno Schulz:



Bruno Schulz kommt im Juli 1892 im galizischen Drohobycz zur Welt. Erschossen wird er von einem Nazi im November 1942 ebendort - im Getto. Dazwischen liegt ein düsteres Stück Leben. Guckt selbst. 



Kurz zusammengefasst:

Eine Sammlung kurzer, zusammenhängender Geschichten, die uns in eine präsurreale Welt tauchen.


Warum sollte man das Buch lesen?

Wegen seiner berauschenden Metaphernperlen

Atmosphäre:

Mystisch. Betäubend. Enge, zimtfarbene Räume durch deren Ritzen die Sonne scheint.

Einige Sätze aus dem Buch:

"Ich trat in die von der Illumination des Himmels gefärbte Winternacht hinaus. Es war eine dieser hellen Nächte, in denen das bestirnte Firmament so ausgedehnt und weit verzweigt ist, genug, um sie auf einen ganzen Monat von Winternächten zu verteilen und mit ihren silbernen und gemalten Lampenschirmen alle nächtlichen Phänomene, Abenteuer, Szenen und Karnevale zu bedecken."

"In der Zeit der kürzesten, verschlafenen Wintertage, die auf beiden Seiten, sowohl vom Morgen als auch vom Abend her, in die pelzigen Ränder der Dämmerung eingefasst waren, in der Zeit, in der sich die Stadt, vom kurzen Morgengrauen mühsam zur Besinnung und zur Umkehr gerufen, immer weiter in die Labyrinthe der Winternächte verästelte, war mein Vater schon an jene Sphäre verloren, verkauft und ihr versprochen." 

Zitat des Autors:

"Wir halten das Wort üblicherweise für den Schatten der Wirklichkeit, für ihr Abbild. Richtiger wäre die umgekehrte Behauptung: Die Wirklichkeit ist der Schatten des Wortes. Diese Wirklichkeit ist dünn wie Papier, und jeder Spalt verrät, dass sie bloß imitiert ist."


Unser Fazit:

Ein schwer zu lesendes, kluges, besonderes Buch. Wer dieses hier nicht mag, kann sich an Kafka und Proust abarbeiten - aber ... Kafka hatte nicht immer recht.

Kafka und Schulz haben etwas gemeinsam - und hier ist nicht die Sprache gemeint - denn das, was sie gemeinsam haben, ist, dass wir sie nicht vergessen dürfen. 

Zum nächsten Treffen am: 01. Dezember um 19:00 c.t. Ort: bekannt - lesen wir:

Kazuo Ishiguro - Was vom Tage übrig blieb


DENN ----- aufgeschoben ist nicht aufgehoben