16.5.22

LESEN MIT MACKE

August Macke

 

WINDSCHIEF B102 - ZOOM 21

Worum ging es? 

Aexander Granach, Da geht ein Mensch,  Ölbaum Verlag 2003

Bei unserem letzten Treffen vor der Sommerpause sprachen wir über den autobiografischen Roman „Da geht ein Mensch“ von Alexander Granach.


Jessaja-Szajko-Gronish alias Alexander Granach



Granach, 1890 geboren als neuntes Kind in eine von vier jüdischen Familien in Werbiwizi, einem ostgalizischen Dorf. Er schreibt seine Lebenserinnerungen im amerikanischen Exil kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges und erlebt weder das Kriegsende noch das Erscheinen seines Buches. Er stirbt, so abgegriffen das klingen mag, viel zu früh an einer Lungenembolie nach Blinddarmoperation. Dieser Mensch geht einen unglaublichen Weg, der ihn aus der dörflichen Enge über Lemberg, nach Berlin auf große Theaterbühnen bis nach Hollywood führt. Er erzählt, wie er den Ersten Weltkrieg überlebt, in italienische Kriegsgefangenschaft gerät, sich selbst entlässt und in einer Flucht über die Alpen in die Schweiz entkommt. Das Buch ist ein Kosmos aus vielen Mikrogeschichten, menschenfreundlich, humorvoll und klug geschildert.


Er breitet eine Welt vor unseren Augen aus, die uns bewegte, anrührte, erheiterte, kurz die uns auf eine Weise belebte, wie es gute Literatur vermag. Wir tauchten gerne ein in seine Memoiren, die er mit Humor, mit Ironie und Ehrlichkeit zu Papier brachte. Er erzählt vom Leben in Armut, von Kinderfreuden, Streitigkeiten und der tiefen Verbindung zur Nachbarfamilie. Granach ging seinen Weg vom Dorfbuben zum Bäckerburschen hin zum Charakterdarsteller im großen Theater mit einer unglaublichen Zielstrebigkeit. Seine Aufzeichnungen enden im Alter von 29 Jahren und man möchte weiterlesen, diesem Mann auf seinem Weg folgen, den er so beherzt gegangen ist.


Wir waren uns einig, dass dieses Buch einen Dauerplatz auf dem Nachttisch oder im Bücherregal verdient hat und die unter uns, die Bücher mehrfach lesen, werden es sicher wieder öffnen und sich in die Aufzeichnungen eines freundlichen Menschen versenken.


Zitat: Mein Milchbruder Nikola behauptete, wenn wir nachts schlafen gingen und die Pferde und die Kühe und die Schafe und alle Vögel, und am Himmel jemand all diese Millionen Kerzen angezündet hatte, dann bliebe auch das Bächlein stehen und ruhe sich aus vom Laufen des ganzen Tages. Wir waren neugierig, wann das Bächlein sich schlafen legte, und so lange wir auch aufblieben und so früh wir auch aufstanden, es war immer in Bewegung.



Zitat: Auf der Bühne stehen war für mich dasselbe, was für meinen Vater der Gottesdienst war, – nur noch freudiger.


Wir verabschiedeten uns in die Sommerpause mit unverbindlichen Leseempfehlungen für lange Sommertage und Lektüre für das nächste Mal am 02. September ist der Vorschlag von R. W.


Lemberg | Lutz C. Kleveman | Aufbau (aufbau-verlage.de)


(Mit großem Dank an D.E. für den Text)