20.7.08

Wohnungssuche die Vierte

O.k., ich bin ja schon ein paar Mal in meinem Leben umgezogen, aber das, was ich hier erlebe toppt alles. Langsam wird die Zeit ja immer weniger, weil der Tag des Ausziehenmüssens näher rückt und bald sollte sich etwas zeigen am Horizont. Also haben wir einige Makler angerufen und sie beauftragt. Autsch! Das hätte ich in meinem Leben nicht gedacht, dass ich das mal machen werde. Aber mit dem Fortschreiten diverser Gebrechlichkeiten ist man sogar ab und an bereit seine Ideale verwaschen zu sehen und sie als alt und verbraucht, sie gleichen sich eben dem eigenen Zustand an,  in die Schublade für trauriges Ableben zu verstauen. Also hatten wir gestern einen Termin um eine Wohnung anzugucken. Ich schreibe die id-Nummer der Wohnung, die im Internet steht auf und bekomme eine Verabredung mit Adresse und Zeit. Am nächsten Tag flattert ein E-Mail ins Postfach mit einer anderen Adresse. Hmmm, ein Missverständnis, ein Fehler denke ich. Also, was macht man nicht alles? Man ruft an. Hier muss man 5 Mal bestimmt hin und her telefonieren, bis es irgendwie klappt, dass man sich trifft. Die diabolische Telefongesellschaft lacht sich in ihre beiden Fäustchen, denn sie macht ihre Rechnungen so kompliziert, dass niemand, auch nach eingehendem Studium, nicht nachvollziehen kann, wie der Betrag zusammenkommt, der auf der Rechnung steht. Also ruft man ein Taxi, fährt zur Adresse, die einem "mitgeteilt" wurde und wartet. Man wird angerufen, jemand entschuldigt sich, dass man die Wohnung, die man eigentlich sehen wollte nicht sehen kann, weil der Mieter plötzlich wegmusste, also kein Schlüssel dafür da ist und deshalb gucken wir uns eine andere an. O.k. Wieder klingelt das Telefon. Diesmal ruft die Assistentin der Maklerin an, die sagt, dass sie sich um 10 Minuten verspätet. Sie kommt dann tatsächlich 10 Minuten später. Das Ganze bei 36 Grad und einer nicht unbeträchtlichen Luftfeuchtigkeit. Mit jedem Grad der Luftfeuchtigkeit steigt das gefühlte Lebensalter um mindestens 17 Jahre an. Die Gegend in der man wartet ist genau die in der man wohnen möchte. Es gibt Cafes, Restaurants einige Buchläden, ganz klar einen Starbucks, aber auch einen SecondHandLaden, Bäume sind auch da. Die Assistentin vom Ausmaß eines Elephantenembryos kurz vor der Geburt strahlt uns an und drückt uns sofort eine Werbebroschüre ihrer Firma in die Hand. Als sie uns ihr How are you doin?, entegen schmettert erreicht mich eine Wolke von einer so noch niemals zuvor gerochener Mundausdünstung. Ich sollte ihr unverzügliche einen Gang zum Arzt empfehlen. Ich krame nach einem Lächeln. Es kommt verzögert. Man freut sich, bedankt sich und klettert die Treppe hoch. Im dritten Stock sollte man eigentlich aufgeben, aber man möchte ja die Wohnung sehen, beißt die Zähne zusammen und macht den Aufstieg mit. Die Tür wird geöffnet, man tritt in eine dreckige, im Klo nach Schimmel stinkende Bruchbude ein. Assistentins Telefon klingelt ohne Unterlass. Sie geht einfach raus in den Hauseingang und lässt uns in der Wohnung des Nochmieters. Dort stehen seine Kameras, Bücher und sein ganzer Krempel. Gut, dass wir bereits eine Fotokamera haben und auch sonst keine Leute sind, die die Sachen anderer gerne zu ihren eigenen machen. Aber leider sind nicht alle so und dann frage ich mich, ob das o.k. ist. Das Elephantenmädchen kommt vom Telephonieren zurück. Wir bedanken uns und rüsten uns für den Abstieg. Der Dialog war auch erfrischend. Wo kommt ihr guys eigentlich her? Gerade aus der Schweiz. Aaaaah, meine Mutter war vor einem Jahr auch in Amsterdam. Anwort: Amsterdam, eine schöne Stadt. Eine gute Mimikryantwort. Man beginnt sich anzupassen. Autsch. Wir könnten ja noch in das Büro gehen und uns andere Wohnungen in deren Angebot im Internet ansehen. Man geht dahin, man braucht ja was, macht auf dem Weg viele Pausen, die im Laufe des Spaziergangs immer öfter und länger werden. Zwei Blocks. Zwischendurch einige mitleidige Blicke.Das Elephantenmädchen hat sichtlich keine Lust zu arbeiten, ist völlig uninteressiert und seeeeeehr gelangweilt. Sie begleitet uns lieber, als ins Büro vorzugehen, denn da könnte sich ja ihre Chefin melden. O-Ton. Das macht Mut, denn solche Leute werden sich Mühe machen für uns die passende Wohnung zu finden. Diese "Profis" wollen 15% der Jahresmiete beim Unterschreiben des Mietvertrags für ihre "Arbeit" haben. Eine Weile später sitzt man im Büro der Makler. Es ist eisig kalt, denn die Klimaanlage läuft auf Hochtouren. Ich denke an meinen Pullover und Handschuhe. Im Büro schickt sie uns dann ein Mail, tut so als ob sie unsere Wünsche notiert. Danach verlassen wir vollkommen leer, müde und bestimmt um 20 brunzwarme IQ-Punkte erleichtert diesen Laden und geben uns aus Frust 3 Kugeln Eis. Autsch. Danach rufen wir ein Taxi. Wir geben ihm die Adresse durch. Ja, ja steigt ein guys. Er kennt sich natürlich nicht aus. Irgendwann schreit man sich an. Wollt ihr mit mir kämpfen oder wollen wir zusammen den Weg zu euch nach Hause finden? Antwort: Heute kämpfen wir nicht, weil es zu heiß ist. Gemeinsam und auch dank google-map finden wir den Weg. Er entschuldigt sich und sagt, dass da wo wir wohnen sowieso niemand hinfährt. AHA! Während er den Weg zu unserem Zuhause gesucht hat, sprach er immer mit irgendjemandem, vermutlich auf Indisch, über sein Bluetoothtelefon. Ja, das war gestern. Heute treffen wir einen anderen Makler, ich brenne vor Hitze und Vorfreude. Ah ja die Bruchbude war nur 1750 $ im Monat. Also ein Schnäppchen und Amsterdam ist eine schöne Stadt.